-- WEBONDISK OK --

03486 IT Service Desk – Service trotz Wachstums – Kommunikationskultur

Oftmals fällt es schwer zu entscheiden, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, die IT-Abteilung neu auszurichten. Es gibt keine eindeutigen Marker, an denen man dies festmachen kann; eine Rolle spielen die Zahl der Personen im Unternehmen sowie der Grad der Digitalisierung, ebenso wie die geografische Verteilung der Standorte und die Branche selbst.
Die steigende Erwartung an IT im Allgemeinen und die Komplexität der IT-Landschaft sind allen Beteiligten zwar bekannt. Es gilt allerdings, diese Erkenntnis auch dem Management gegenüber transparent zu machen und den eigenen strategischen Beitrag zum Erfolg zu unterstreichen.
Im vorangegangenen Beitrag wurde beschrieben, welche Basisarbeiten notwendig sind, um den Turnschuh-Support schrittweise zu professionalisieren. Dieser Weg wird nun konsequent weiter beschritten. Dabei spielt Kultur erneut eine wichtige Rolle. Diesmal geht es allerdings nicht nur um die Kultur innerhalb der IT. Es geht auch um die Kommunikationskultur im Unternehmen selbst und darum, wie Selbstmarketing betrieben werden kann und muss.
Arbeitshilfen:
von:

1 Die Grundlage

Im vorangegangenen Beitrag (s. Kap. 03485) wurde der erste Schritt zum Aufbau einer kundenorientierten internen Serviceeinheit beschrieben. Gehen wir nun davon aus, dass die ersten Schritte von Erfolg gekrönt sind, bedeutet dies folgendes Szenario:
ITIL als Grundlage
Der kulturelle Wandel ist im vollen Gange, ITIL dient als Framework der Wahl und somit als Basisvokabular. Eine gemeinsame Philosophie etabliert sich Stück für Stück, und die Veränderung wird von den Anwendern im Unternehmen, also den Kunden der internen IT, wahrgenommen.
Wie geht die Reise nun weiter?

2 Der nächste Schritt

Ziele definieren
Durch die Ausrichtung an ITIL und ein gemeinsames Verständnis von „gutem Service” wurde dem Team kurzfristig ein klarer Weg gezeigt. Im Anschluss gilt es, mittel- und langfristige Ziele zu definieren und den Weg dorthin zu skizzieren.
Der erste Schritt nach Schaffung des Grundverständnisses orientiert sich sinnvollerweise ebenfalls am gewählten Framework und beginnt damit, die IT-Strategie an der Unternehmensstrategie auszurichten.
Unternehmensstrategie auf die IT übertragen
Je klarer diese Unternehmensstrategie formuliert ist, desto leichter fällt die Übung, Teile der Strategie auf die IT zu übertragen. Idealerweise erfolgt das sogar als Transferleistung des Teams in einem Workshop. Sicherlich werden ihren Technikern solche Workshops zu Beginn lästig sein, da sich die Kollegen gedanklich aus ihrer Komfortzone nicht herausbewegen möchten. Am Ende ist es aber ein wichtiger Schritt, als Team strategische Überlegungen zu gestalten, denn so entstehen eine gemeinsame Sichtweise, ein übergreifendes Zielbild und mehr Engagement (Commitment) für die notwendigen Maßnahmen. Zudem kann ganz nebenbei der Blick darauf gerichtet werden, was den Anwendern im Unternehmen bestmöglich hilft, ihre Arbeit zu erledigen. Am Ende sind genau diese Mitarbeiter diejenigen, die das Gehalt der IT verdienen. Wohin geht das Unternehmen und welchen Teil können wir als IT dazu beitragen? Ist diese Frage beantwortet, fällt jedem Beteiligten die Identifikation mit dem Veränderungsprojekt wesentlich leichter.
In vorangegangenen Beitrag wurde bereits das System der „8 Stufen der Veränderung” von John Kotter erwähnt (s. Kap. 03485, 3.3), die ersten Stufen wurden bewältigt und somit erfolgreich für die geplanten Änderungen geworben. Es ist somit an der Zeit, auch die späteren Stufen anzugehen, kurzfristige Ziele zu setzen und Erfolge zu konsolidieren. Kurz gesagt, muss das gute Gefühl am Leben erhalten werden, innerhalb der IT, wie auch beim Endanwender. Die Kunden spüren die Veränderung, und der begonnene Weg muss nun kontinuierlich gegangen werden, mit punktuellen Veränderungen ist es nicht mehr getan.
Kano-Modell
Wieso das so ist, wird sehr schön verdeutlicht am Kano-Modell (s. a. Kap. 04483). Wie in der Abbildung 1 zu sehen, gibt es Basis-, Leistungs- und Begeisterungsmerkmale.
Abb. 1: Erwartungen und Kundenzufriedenheit im Kano-Modell
Basismerkmale
Basismerkmale sind für Kunden selbstverständlich und werden vorausgesetzt. Sie gelten als Muss-Kriterien.
Leistungsmerkmale
Leistungsmerkmale werden von Kunden explizit erwartet. Sie haben direkten Einfluss auf die Zufriedenheit. Fehlen Leistungsmerkmale, entsteht Unzufriedenheit, werden sie übertroffen, steigt entsprechend die Zufriedenheit.
Begeisterungsmerkmale
Begeisterungsmerkmale begeistern Kunden. Sie werden von Kunden nicht erwartet, und das Fehlen entsprechender Merkmale erzeugt auch keine Unzufriedenheit. Ist aber ein Begeisterungsmerkmal vorhanden, kann bereits eine kleine Leistungssteigerung zu einem überproportionalen Nutzen und Vorteil führen.
Begeisterung nutzt sich ab
Die IT hat es über erste Maßnahmen geschafft zu begeistern, doch bald wird daraus eine Gewohnheit, und um erneut begeistern zu können, muss man das Endprodukt, also den angebotenen Service, kontinuierlich anpassen und verbessern.
Beispiel
Ein oft gewähltes Beispiel ist das iPhone, das zum Start absolut begeistern konnte mit Touchdisplay, Apps und vielen anderen Funktionalitäten, die inzwischen absoluter Standard und somit zum Basismerkmal geworden sind. Dies gilt ebenso für ABS, elektrische Fensterheber und Airbags in Autos oder WLAN und ein gutes Frühstück in Hotels.
Kontinuierlich Verbesserung anstreben
Ist man sich dieser unausweichlichen Tatsache bewusst, gilt es dies ins eigene Arbeiten zu integrieren und den nächsten Schritt zu gehen. Im besten Fall wird aktiv die Kommunikation mit den Kunden gesucht, über Anforderungen gesprochen und im Team diskutiert, wie man den eigenen Service optimieren und diese Veränderungen kommunizieren kann. Gutes Business Relationship Management ist ein wichtiger Schlüssel für den weiteren Weg der Professionalisierung.

3 Eine Baseline erzeugen

Transparenz herstellen
Die Veränderung soll nicht nur spürbar sein, sondern auch sichtbar werden; Transparenz ist ein wesentlicher Bestandteil erfolgreicher Veränderung und Weiterentwicklung, da sie auch bei der Selbstüberprüfung hilft.
In so gut wie jedem Unternehmen fällt gerne der Begriff „Reporting”. Was aber ist damit gemeint? Wer ist der Empfängerkreis für Reports? In welchem Zeitrhythmus soll ich auf welchem Weg reporten? Was soll ich reporten, und woher stammen meine Daten?
Zuerst stellt sich die Frage der Definition, und ich möchte dabei einen wichtigen Unterschied in der Terminologie klären:
Unterschied zwischen Reports und KPIs
Unter Reports werden typischerweise Berichte verstanden, also eine Sammlung verschiedener Kennzahlen, oder aber der Begriff wird für Kennzahlen selbst genutzt. Sollte dies auch in ihrem Unternehmen so sein, beginnen sie frühzeitig zu unterscheiden zwischen einem Report und einem Key Performance Indicator (KPI). Beide bezeichnen Kennzahlen, es hilft aber, sich zu vergegenwärtigen, dass Reports wichtige Fakten spiegeln, aber unveränderlich sind. KPIs dagegen sind Messgrößen, die vor allem bei der Steuerung helfen sollen. Ein KPI sollte also auch immer dabei helfen, kurzfristige Maßnahmen einleiten und den Erfolg dieser Maßnahmen messen zu können. Auf diesen Punkt komme ich später erneut zurück.
Dashboard
Sollten Sie eine Begrifflichkeit für einen Gesamtüberblick benötigen, der Reportingwerte und KPIs enthält, nutzen Sie das Wort „Dashboard” (Instrumententafel). Auch dazu gibt es zwar unterschiedliche Interpretationen, aber der Begriff signalisiert, dass es um eine Übersicht der wichtigsten Werte geht, und ist somit passend.
Wozu also nun ein Berichtswesen in Form eines Dashboards einführen? Wie erwähnt, ist es durchaus wichtig, einen objektiven Eindruck von der eigenen Qualität zu gewinnen, und um sie anschließend optimieren zu können. Zahlen können dabei helfen.
Welche Rolle spielen KPIs also tatsächlich? Hermann Josef Abs (1901–1994) hat einmal gesagt:
„Die Statistik ist wie eine Laterne im Hafen. Sie dient dem betrunkenen Seemann mehr zum Halt als zur Erleuchtung.”
Zahlenliebhaber
Es steckt viel Wahrheit in dem Zitat von Hermann Josef Abs, und doch ist die IT dicht bevölkert mit Zahlenliebhabern. KPIs sind wichtig für ein Unternehmen und ebenso wichtig für die Steuerung und Messbarkeit der angebotenen IT-Services. Allerdings tendiert die Zahlenverehrung oft zum Absurden, vor allem weil es zwei besondere Spezies der Zahlenliebhaber gibt:
Typ 1: Enthusiasten
Leidenschaftliche Enthusiasten: Sie greifen nach jeder erdenklichen Zahl, als wäre sie ein lebensspendender Tropfen Wasser in der Wüste – besitzen allerdings keinen Sinn für Analytik. Somit verendet der Enthusiasmus in einer Art Sammelwut. Ähnlich wie Sammler von Briefmarken oder Kronkorken kann man irgendwann eine beachtliche Sammlung vorweisen, deren Inhalte zumeist aber durch Quantität statt Qualität überzeugen.
Typ 2: Grafiker
Grafikpsychopathen: „Das Auge (m)isst mit” könnte man in vielen Unternehmen denken. Wenn das Aussehen der KPI Reports wichtiger ist als die KPIs selbst, dann sind wir in einem anderen Paralleluniversum angekommen. Bunte Dashboards in jeglicher Darstellungsoption vernebeln die Sinne und sollen die darunter existierende Realität vergessen machen.
Gefährliche Rückschlüsse
In dem Moment, in dem ein Unternehmen versteht, dass KPIs zu behandeln sind wie ein chirurgischer Eingriff, ist der richtige Weg gefunden. Die Kennzahlen dienen ihrem eigentlichen Zweck, wenn sie von Profis angelegt werden, die sich der Komplexität ihrer Aufgabe bewusst sind. Andernfalls sind KPIs so gefährlich wie ein Chirurg, der das falsche Bein amputiert, weil er das falsche Röntgenbild angesehen hat. Zahlen, die falsche Schlüsse zulassen, sind eine Gefahr, wenn man mit faktenbasierten Entscheidern zu tun hat. Genauso gefährlich sind jegliche Kennzahlen, die keine Detailanalyse zulassen oder nur dem Zweck dienen, den eigenen Chef in Sicherheit zu wiegen.
Was sind die richtigen Schritte bei der Erstellung eines Dashboards und der Auswahl und Definition der einzelnen Komponenten?

4 KPIs definieren und hinterfragen

Entscheidende KPIs im Überblick
Einige der entscheidenden Prozesse werden in Tools abgewickelt, vom klassischen Störungsticket im Support bis zum Monitoring der technischen Infrastruktur, und all diese Tools bieten unterschiedliche Möglichkeiten für ein Dashboard an. Überlegen Sie sich zum Start, ob Sie verschiedene Zahlen in verschiedenen Tools messen und darstellen wollen, oder ob es möglich ist, entscheidende Kennzahlen auf einem gemeinsamen Dashboard zu konsolidieren, sei es manuell oder automatisiert.
Wichtig!
Hinterfragen Sie KPIs, die in Tools vorgeschlagen werden, denn nicht immer sind sie sinnvoll und aussagekräftig.
Beispiel
Ein klassisches Beispiel ist der „Backlog” im Supportbereich. Eine Gesamtzahl von Tickets, die noch zu lösen sind, hat nur eine wirkliche Aussagekraft in Verbindung mit der Zahl der Personen, die mir für diese Aufgaben zur Verfügung stehen. Sinnvoller wäre also ein KPI wie „durchschnittlicher Ticketbacklog pro Supporter”.
Perspektivwechsel
Versuchen Sie darüber hinaus die KPIs, die Sie messen wollen, aus der Perspektive des Anwenders zu definieren. Sie als Verantwortlicher der IT-Abteilung neigen eventuell dazu, vieles aus der Führungsrolle zu betrachten und vor allem die technischen Zusammenhänge im Detail verstehen zu wollen. Versetzen Sie sich in die Rolle des Endanwenders.
Wenn Sie Schwierigkeiten mit dem heimischen DSL-Anschluss, Ihrem Mobiltelefon oder Ihrem Auto haben, sind Sie hauptsächlich daran interessiert, wann alles wieder funktioniert, und nicht so sehr daran, wieso es gerade nicht funktioniert.
Kundenaspekte einer Störungsmeldung
Nimmt man als Beispiel eine typische Störung am Rechner eines Anwenders, so interessieren Ihren Kunden genau drei Aspekte an seiner Störungsmeldung:
1.
Wie schnell wird die Störung entgegengenommen und eine erste Analyse gestartet?
2.
Wie schnell wird die Störung im zweiten Schritt abschließend bearbeitet? Gerade bei Übergängen zwischen Verantwortlichen gibt es oft unnötige Verzögerungen.
3.
Wie nachhaltig wurde die Störung beseitigt? Das Stichwort Qualität steht dabei im Vordergrund, die, zugegeben, immer am schwierigsten zu messen ist.
Zudem gibt es einen weiteren Zahlenblock, das eben angesprochene Reporting, also eine Sammlung von Zahlen, die durchaus interessant für Sie sind, allerdings unveränderbar bleiben.
Beispiel KPI
Sollten Sie sehen, dass sich der Backlog pro Supporter über Wochen hinweg stetig erhöht, können Sie zum Beispiel eine kurzfristige Maßnahme definieren und Ihren Mitarbeitern vorgeben, dass für die nächsten Tage die telefonische Annahme die Priorität 2 hat und stattdessen der Backlogabbau Vorrang hat. Dies ist ein klassischer KPI, da er Steuerung ermöglicht und der Erfolg der Maßnahme schnell sichtbar wird.
Beispiel Reporting
Sicher wollen Sie darüber hinaus auch gerne wissen, wie viele Tickets in welcher Priorität im letzten Monat oder der letzten Woche erstellt wurden. Allerdings werden Sie aus diesen Zahlen selten Maßnahmen ableiten können; steuern lässt sich damit wenig. Sie können Ihren Mitarbeitern zwar vorgeben, dass im nächsten Monat kein Ticket in einer hohen Priorität zu erstellen ist, größere Systemausfälle richten sich aber leider nicht nach dem Willen der technisch Verantwortlichen. Dies ist ein Beispiel einer Zahl, die unter die Rubrik „Report” einsortiert gehört.
Dashbord für das Team
Nehmen Sie ein Set an KPIs, erstellen Sie daraus ein Dashboard und leiten Sie aus dieser Gesamtübersicht mehrere Teilansichten ab. Es gibt die Gesamtheit, die für Sie und Ihr Team interessant ist. Üben Sie an dieser Stelle unbedingt absolute Transparenz; zeigen Sie, dass es nicht um Einzelbewertung und Verhaltens- und Leistungskontrolle geht; lassen Sie das Team selbst mögliche Maßnahmen ausarbeiten.
Dashbord für die Anwender
Erstellen Sie zusätzlich ein Dashboard für die Anwender und möglicherweise ein nochmals reduziertes für das Management. Lassen Sie sich mit dieser Umsetzung der beiden letztgenannten Dashboards allerdings ein wenig Zeit und überprüfen Sie Ihre Messgrößen erst mal mindestens ein halbes Jahr lang monatlich auf Sinnhaftigkeit, Korrektheit und Aussagekraft in der eigenen Abteilung. Die Erfahrung zeigt, dass gerade zum Start Berechnungsfehler passieren und Schwellenwerte für Ampelfarben angepasst werden müssen.
Dashboards und speziell darin enthaltene KPIs, die diesen Namen verdienen, sind ein wesentlicher Baustein zur professionellen Außendarstellung und zum Selbstmarketing und sollten somit vom Start weg genutzt werden, aber ebenso wohl durchdacht und gut designt sein. Die Abbildung 2 zeigt eine beispielhafte Darstellung eines Dashbords auf der Basis einer einfachen Exceltabelle.[ 03486_a.xlsx]
Abb. 2: Beispiel eines Dashboards

5 KPIs grün, Kunde unzufrieden?

Auf Kritik einstellen
Es ist so weit! Über Monate hinweg haben Sie Ihr Dashboard konzipiert, aufgebaut, optimiert, und nun präsentieren Sie es stolz den Kollegen außerhalb der IT. Neben einigem Lob hagelt es genauso viel Häme, Spott und Skepsis. Es kann Vorwürfe geben, dass die Zahlen nicht echt seien, dass man sich hier alles schön rechnet, und vieles mehr in dieser Richtung. Wie kann das nach all der Arbeit sein?
Kennen Sie das auch? Sie rufen bei einer Hotline an, weil Ihr DSL-Anschluss nicht funktioniert, der freundliche Mensch am anderen Ende erklärt Ihnen, dass ansonsten bei allen Kunden in Ihrer gesamten Umgebung alles in Ordnung ist.
100 Prozent nicht möglich
Für die IT-Abteilung bedeutet dies, dass es immer möglich ist, dass die gesetzten und vereinbarten Ziele erreicht werden und trotzdem Kunden unzufrieden sind. Denn egal, welche KPIs Sie definieren, die 100 % werden nie erreicht. Sie kennen das aus den Kennzahlen für technische Verfügbarkeit.
Verständnis entwickeln
Wichtig ist, sich zunächst bewusst darüber zu sein, dass es Kritik geben wird. Daraus kann in Schritt zwei die notwendige Empathie entstehen, die in solchen Momenten bei einer guten Einwandbehandlung hilft. Wie auch in anderen Situationen ist die gedankliche Transferleistung in den eigenen Alltag ein gutes Hilfsmittel, um das nötige Verständnis für die Verärgerung des betroffenen Anwenders zu haben. Denn: Sollten alle Bahnen pünktlich sein, nur Ihr Zug fällt aus, stimmt Sie das auch nicht milder. Bekommen im Restaurant alle pünktlich und warm das bestellte Gericht, nur Ihres kommt spät und ist eiskalt, sind Sie auch nicht entspannt wegen des passablen Gesamtschnitts, den das Restaurant erreicht.
Ein Schlüssel zu zufriedenen Kunden sind aufrichtiges Verständnis für die Lage und Hilfsbereitschaft; bemerkenswerte und vorrangig grün gefärbte Statistiken dienen eher einer Rechtfertigung im Management und der eigenen Selbstbeweihräucherung. Denken Sie immer daran: Eine Kunde, der sich (noch) beschwert ist ein guter Kunde, denn er gibt der IT noch die Chance und das Vertrauen, es besser zu machen.
Grüne KPIs allein bringen keine Kundenzufriedenheit!
Das schmälert keineswegs den Wert des mühsam angefertigten Dashboards, denn die KPIs sind für Sie ein wichtiges Steuerinstrument, und es ist vollkommen legitim mit Stolz auf positive Kennzahlen zu verweisen. Vergessen Sie bloß nie, dass grüne KPIs allein keine Kundenzufriedenheit bringen. Grüne KPIs sind die Basisfaktoren des Kano-Modells. Wie bereits gezeigt, sind sie nicht entscheidend für Zufriedenheit oder Begeisterung. Diese Basisfaktoren sind für den Kunden selbstverständlich.

6 Warum überhaupt Selbstmarketing?

Zahlen tragen stark zum Selbstmarketing bei, gleichzeitig kennt aber auch jeder das Zitat: „Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe.”
Ziel: professionelle Darstellung
Das Ziel sollte sein, die IT-Abteilung nach außen so professionell darzustellen, wie sie in vielen internen Abläufen längst ist, um zukünftig bei der Ausarbeitung der Unternehmensstrategie am Tisch zu sitzen und mitzumischen. Da die IT in jedem Unternehmen ein immer wichtigerer und wesentlicher Bestandteil des Arbeitsalltags ist, kann es ein Wettbewerbsvorteil sein, die IT mit im Boot zu haben, wenn eine Strategie erarbeitet wird. Oftmals wird die IT im Nachhinein mit einem Ergebnis konfrontiert, das technisch nicht umsetzbar ist, und gilt dann als Innovationsbremse und Verhinderer, weil die hehren Pläne zu scheitern drohen. Manchmal gäbe es vielleicht sogar bessere Lösungen.
Image fast so wichtig wie Leistung
Damit es dazu kommt, dass die IT überhaupt als gleichwertiger Gesprächspartner wahrgenommen wird, muss sie selbst in Vorleistung gehen und ihr über Jahre hart erarbeitetes Image ein wenig aufpolieren. „Vom Kistenschieber über den Vernetzer zum Business Enabler” könnte ein Motto lauten, auch wenn es vorrangig um die Wahrnehmung im Unternehmen geht und nicht um die tatsächliche Leistungsfähigkeit, die sich längst auf höherem Niveau befindet.
Erste Annahme
Beim Thema Selbstmarketing lautet die erste typische Reaktion: „Soll ich jetzt für alle den Entertainer geben?” Die klare Antwort darauf lautet: „Jein!” Marketing und somit auch das Selbstmarketing werden zu häufig gleichgesetzt damit, dass vorhandene Informationen einfach nur schöner und bunter dargestellt werden. Entsprechend denken sich viele IT-Verantwortliche: „Ich habe doch kommuniziert, schöner werden die Informationen leider nicht.” Im Grunde mag das sein, bei Themen wie IT-Security geht es zum Beispiel um harte Fakten, richtig und falsch, schwarz und weiß.
Zweite Annahme
Die zweite (Fehl-)Annahme ist, dass ab sofort regelmäßige E-Mails ans ganze Unternehmen geschrieben werden, zudem Beiträge im Intranet erscheinen, in denen die IT sich für jedes erfolgreiche Windows-Update lobt. Übersättigung und übertriebenes Eigenlob sind tatsächlich genau das Gegenteil von gutem Selbstmarketing, und der Anwender denkt sich: „Toll. Ich merke nix Dolles im Vergleich zu vorher.”
Was also tun, um kontinuierlich am firmeninternen Image zu arbeiten?

7 Drei Säulen des Selbstmarketings

Technische Perspektive dominiert meist
Vorab sei gesagt, dass es nicht reicht, Informationen zur Verfügung zu stellen und diese möglichst hübsch aufzubereiten. Beides hilft, der Schlüssel ist aber, wie zielgruppengerecht diese Informationen sind und ob sie aus der richtigen Perspektive erstellt wurden. Wir ITler neigen dazu, alles aus der technischen Perspektive zu erläutern, und wundern uns dann über die mangelnde Resonanz oder sogar Ignoranz der Anwender.
Positive Betroffenheit
Eine kleine Anekdote veranschaulicht, wie wichtig es sein kann, die Empfänger einer Botschaft richtig zu adressieren, sie im positiven Sinne zu persönlich Betroffenen zu machen.
Ein Marketingstudent geht eine belebte Straße entlang und sieht am Weg einen blinden Bettler hocken, der ein Schild vor sich stehen hat, auf dem steht: „Ich bin blind, bitte um Hilfe!” Er schaut sich die Szene eine Weile an, sieht Passanten vorübergehen und nimmt irgendwann das Schild und einen Stift und schreibt auf die Rückseite etwas. Er stellt das Schild auf und kann sehen, wie in den nächsten Minuten deutlich mehr Passanten stehen bleiben und dem Blinden eine kleine Spende geben. Als dieser fragt, was der Student auf das Schild geschrieben hat, antwortet dieser: „Es ist ein wunderschöner Tag. Sie können es sehen, ich nicht.”
Richtige Information
Doch die richtige Aufbereitung von Informationen ist nicht der einzige Baustein; am einfachsten lässt sich gutes Selbstmarketing an einem alltäglichen Thema erklären. Wir essen täglich, und viele bereiten das Essen auch selbst zu. Seit vielen Jahren sind Fernsehköche weder aus dem TV-Programm, noch aus dem Bücherregal wegzudenken. Einer der berühmtesten ist Jamie Oliver, und sein Erfolg liegt darin begründet, dass er die heilige Dreifaltigkeit des Selbstmarketings beachtet.
Entertainer ohne Selbstzweck
In seiner Kochshow informiert er, gleichzeitig ist er auch ein guter Entertainer, so weit so gut. Er hat es aber nicht nötig, plakativ die Jamie-Oliver-Pfanne ins Bild zu halten und in Großaufnahme zu zeigen, dass er nun Jamie-Oliver-Olivenöl in diese Pfanne gießt, all das ist nicht notwendig.
Befähiger leisten Hilfe, etwas zu lernen
Die wichtigste Zutat ist die dritte, und genau dieser Aspekt wird in der internen Firmenkommunikation von vielen vergessen, speziell auch von der IT. Jamie Oliver befähigt uns durch seine Sendung im besten Fall zu etwas, was wir vorher nicht konnten. Genau das ist der Baustein, der uns dazu bringt, auch die nächste und übernächste Folge anschauen zu wollen, denn er hilft uns, etwas zu lernen. Die IT hat häufig die Chance, die Anwender zu befähigen, und lässt diese viel zu häufig ungenutzt liegen.

8 Kommunikationsradar

Ist die Kommunikation auf inhaltlicher Basis geplant und in passenden Häppchen aufbereitet, gilt es sich über zwei weitere Dimensionen Gedanken zu machen: Empfängerkreis und Kommunikationsweg.
Besonders übersichtlich lässt sich dies in Form einer Zielscheibe darstellen (vgl. Abbildung 3), die man im Wochenrhythmus aktualisieren kann, wie bei einem Radar, das regelmäßig über die gesamte Fläche scannt. Die Zielscheibe lässt sich beliebig aufteilen, je nachdem, welche Zahl an Kommunikationskanälen in Ihrem Unternehmen etabliert sind. Handelt es sich um die üblichen Wege, gibt es Newsletter und E-Mail, Intranet, Meetings jeglicher Art (bis zur Betriebsversammlung) und informelle Kommunikation, also den sogenannten Flurfunk.[ 03486_b.pptx]
Abb. 3: Kommunikationsradar
Empfängerkreise
Die Zielscheibe wird in konzentrischen Kreisen dargestellt (s. Abbildung 3), die Größe des Kreises steht für die Quantität des Empfängerkreises. Meistens ist deshalb in der Mitte ein Fachteam zu finden, dann die gesamte IT-Abteilung, dann eine Gruppe von IT-affinen Kollegen oder Key Usern, ein ganzes Gebäude oder eine Abteilung, ein Standort, das gesamte Unternehmen.
Markieren Sie nun in regelmäßigen Abständen, an welchen Empfängerkreis Sie über welchen Kommunikationsweg Informationen verteilt haben. So verschaffen Sie sich einen schnellen Eindruck davon, wem gegenüber Sie zu selten oder auf einseitigem Weg kommunizieren.

9 Wachstum und Silos

Bei aller Notwendigkeit des Selbstmarketings und punktgenauer und regelmäßiger Kommunikation ins Unternehmen darf die eigene Mannschaft nicht vergessen werden, und die Kommunikation im Team muss eher verstärkt werden.
Wachstum
Der Grund für all die Veränderung, der Wunsch nach Skalierbarkeit der IT-Abteilung, ist ein Wachstum des Unternehmens, ob organisch und schrittweise oder rasant (wie über Zukäufe). Wächst das Unternehmen, wächst oft auch die IT-Landschaft im Unternehmen mit und notwendigerweise, wenn auch nicht im gleichen Verhältnis, baut die IT personell auf. Die bisher genannten Schritte sind Maßnahmen für eine IT, die auf genau dieses Wachstum ausgerichtet ist.
Silobildung
Ab einer Größe von mehr als 15 Mitarbeitern werden oft Teams mit Themenschwerpunkten gebildet. Häufig sind es die Teams oder Abteilungen „Infrastruktur”, „Applikation” sowie „Service und Prozesse”. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat die Silobildung begonnen, und der Hauptkontakt des Kunden liegt beim Team „Service und Prozesse”.
Egal, ob weiterhin, durch Face-to-Face-Kontakt oder eine gemeinsame Rufnummer zur Störungsannahme – es gibt nun ein dediziertes Team innerhalb der IT mit dem Ohr am Kunden. Dahinter gibt es Fachteams, die Spezialisten in ihren Themengebieten sind. In der Literatur findet man oft die Begriffe „First Level” und „Second Level”, wahlweise „Hotline” und „Backoffice” oder auch „Helpdesk” und „Systemspezialisten”.
SPoC
Die eben von mir verwendete Begrifflichkeit „dahinter” bezieht sich bei diesen Teams auf die Reihenfolge der Bearbeitung einer Störung. Korrekt sollte es sein, dass es neben dem Single Point of Contact (SPOC) weitere Teams gibt. In der Realität müsste ich nun formulieren, dass es über dem SPoC weitere Teams gibt.
Hackordnung?
Leider ergibt sich diese indirekte Hackordnung viel zu oft und viel zu schnell, was sich in Unternehmen in vielen Facetten spiegelt, von den Räumlichkeiten bis zum Gehalt. Ist ein Fachmann in einem Spezialthema wirklich mehr wert und wichtiger als ein Generalist, der bei jedem Anruf in der Lage sein muss, von Thema zu Thema zu springen?
Hauptinstanz zum Kunden
Wie viel Wert bietet der Gesamtüberblick über die Störungsanfälligkeit meiner Infrastruktur aus Kundenebene, der unmittelbar an den First Level Support herangetragen wird? Wenn die Kollegen am Helpdesk schon mein Single Point of Contact sind, also meine Hauptinstanz für Kommunikation Richtung Kunde, sind sie dann nicht mindestens genauso entscheidend in meinen Bemühungen um positives Selbstmarketing wie die Experten im Second Level?
Gegenseitige Wertschätzung
Hinterfragen Sie die Wertigkeit von Rollen und Funktionen in der IT regelmäßig, auch gern zusammen mit dem Team, um die gegenseitige Wertschätzung zu erhalten. Fangen einzelne Teams an, sich als besonders oder besser zu fühlen, ist der Weg nicht weit bis zum Punkt, an dem aus egoistischen Motiven gegeneinander gearbeitet wird und Serviceorientierung vollkommen aus dem Fokus gerät.
Fazit
Eine gemeinsame Philosophie und ein Framework als Vokabular waren der Grundstein für die Professionalisierung der IT und eine Chance für Skalierbarkeit und Wachstum.
Diese Entwicklung muss durch entsprechend professionelle Außendarstellung und viel Kommunikation in jeder Form, auch durch Zahlen, ins Unternehmen getragen werden. Das dort bestehende Klischeebild muss nachhaltig verändert werden, damit die IT integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie wird.
Ausblick
Wenn diese Schritte zum Erfolg führen, wird die IT-Abteilung wachsen, aber dieses Wachstum wird endlich sein und in den meisten Fällen nicht ausreichen, um die Erwartungen des Unternehmens zu erfüllen. In einem folgenden Teil geht es darum, wie genau dieser Spagat erfolgreich bewältigt und wirkliche Skalierbarkeit geschaffen werden kann.
 

Weiterlesen und „IT-Servicemanagement digital“ 4 Wochen gratis testen:

  • IT-Servicemanagement nach ISO 20000, IT Governance und IT Compliance
  • Zugriff auf über 220 Fachbeiträge und 160 Arbeitshilfen
  • Onlinezugriff – überall verfügbar


Sie haben schon ein Abonnement oder testen bereits? Hier anmelden

Ihre Anfrage wird bearbeitet.
AuthError LoginModal