03020 Was ist neu an ITIL 4?
Die Literatur zur neuen Version „ITIL 4” wird seit 2019 schrittweise ausgerollt und Mitte 2020 vollständig vorliegen. Die erste Publikation, ITIL 4 Foundation, liegt bereits in deutscher Übersetzung vor. Zeitgleich zu den Büchern werden auch die Zertifizierungsprüfungen ausgerollt.
In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Änderungen und Ergänzungen die Aktualisierung des mittlerweile seit über 30 Jahren erfolgreichen Standards bereithält. Erwartungsgemäß erfolgt eine Anpassung an die Sichtweisen neuerer Standards wie DevOps, Scrum, Agile, Lean, Shift-Left und andere.
Es wird ein Überblick über die neuen Ausbildungs- und Zertifizierungspfade sowie die Migrationswege für Inhaber von Zertifikaten der ITIL-Version 3 gegeben. von: |
1 Was steckt in dem neuen ITIL 4, und warum ist es erforderlich?
ITIL im digitalen Wandel
Wir befinden uns in dem Zeitalter der „vierten industriellen Revolution”, die unsere Art zu leben, zu arbeiten und zu kommunizieren grundlegend verändert. In der ersten industriellen Revolution wurde Wasserdampf eingesetzt, um die Produktion zu mehanisieren. In der zweiten industriellen Revolution bahnte der Einsatz von Strom den Weg zur Massenproduktion. Nach dem Einsatz von Informationstechnologie in der dritten industriellen Revolution, ist die vierte industrielle Revolution gekennzeichnet durch die Ausprägung digitaler Dienstleistungsmärkte, in denen Technologien verschmelzen und Grenzen zwischen physikalischen, digitalen und biologischen Welten verwischen. Diese digitale Transformation ist nicht einfach nur eine Erweiterung der bisher eingesetzten Informationsverarbeitung. Die Veränderungsgeschwindigkeit, die Durchdringung aller Lebensgebiete und die systemischen Auswirkungen sind grundlegender Natur und ohne historisches Beispiel. Im Vergleich zu den vorherigen Entwicklungsphasen erfolgt die Transformation nicht mehr lokal begrenzt und linear-evolutionär, sondern zunehmend disruptiv und mit zunehmender Geschwindigkeit. Sie betrifft einen Großteil der weltweiten Industrien.
Wir befinden uns in dem Zeitalter der „vierten industriellen Revolution”, die unsere Art zu leben, zu arbeiten und zu kommunizieren grundlegend verändert. In der ersten industriellen Revolution wurde Wasserdampf eingesetzt, um die Produktion zu mehanisieren. In der zweiten industriellen Revolution bahnte der Einsatz von Strom den Weg zur Massenproduktion. Nach dem Einsatz von Informationstechnologie in der dritten industriellen Revolution, ist die vierte industrielle Revolution gekennzeichnet durch die Ausprägung digitaler Dienstleistungsmärkte, in denen Technologien verschmelzen und Grenzen zwischen physikalischen, digitalen und biologischen Welten verwischen. Diese digitale Transformation ist nicht einfach nur eine Erweiterung der bisher eingesetzten Informationsverarbeitung. Die Veränderungsgeschwindigkeit, die Durchdringung aller Lebensgebiete und die systemischen Auswirkungen sind grundlegender Natur und ohne historisches Beispiel. Im Vergleich zu den vorherigen Entwicklungsphasen erfolgt die Transformation nicht mehr lokal begrenzt und linear-evolutionär, sondern zunehmend disruptiv und mit zunehmender Geschwindigkeit. Sie betrifft einen Großteil der weltweiten Industrien.
Was hat das mit ITIL zu tun? ITIL 4 baut auf den früheren Versionen auf und stellt eine praktikable, agile Managementmethodik bereit, die den neuen digitalen Anforderungen gerecht wird: Die Informationsverarbeitung verschmilzt zunehmend mit den fachlichen Geschäftseinheiten; agile Entwicklungsinitiativen finden zunehmend zu funktionsübergreifenden Teams zusammen und die Veränderungsgeschwindigkeit nimmt zu.
2 Warum eine neue ITIL-Version?
ITIL 4 versteht sich als Weiterentwicklung und Erweiterung von ITIL 2011, in der die bisherigen Kernkonzepte, die „Best Practices”, bestehen bleiben. Sie werden aber um Ansätze aus der agilen Welt erweitert. Dazu gehören Methoden und Verfahren wie Agile, Scrum, Lean, Shift-Left oder DevOps. ITIL 4 unterstützt Unternehmen auf dem Weg zur digitalen Transformation.
Konsumentensicht
ITIL hat im Laufe seiner Entwicklung immer mehr den Blickwinkel der Konsumenten angenommen und sich zugleich den Flexibilisierungsanforderungen geöffnet. ITIL 4 verstärkt den bisher verfolgten Ansatz und ergänzt die Lieferung von Services um Produkte. Die Bedeutung von interdisziplinärer Zusammenarbeit, Offenheit und Transparenz wird herausgehoben. Neben der effektiven Serviceerbringung wird einer Effizienzsteigerung durch Automatisierung das Wort geredet. Voraussetzung für Automatisierung sind optimierte, standardisierte Arbeitsabläufe.
ITIL hat im Laufe seiner Entwicklung immer mehr den Blickwinkel der Konsumenten angenommen und sich zugleich den Flexibilisierungsanforderungen geöffnet. ITIL 4 verstärkt den bisher verfolgten Ansatz und ergänzt die Lieferung von Services um Produkte. Die Bedeutung von interdisziplinärer Zusammenarbeit, Offenheit und Transparenz wird herausgehoben. Neben der effektiven Serviceerbringung wird einer Effizienzsteigerung durch Automatisierung das Wort geredet. Voraussetzung für Automatisierung sind optimierte, standardisierte Arbeitsabläufe.
Best Practices
Die Praxisempfehlungen, wie sie als Best Practices thematisiert und in der Ausbildung „ITIL Practitioner” konkretisiert wurden, bleiben erhalten. Sie finden sich als Grundlage in allen ITIL-4-Publikationen wieder. Darüber hinaus werden Leitplanken für die Einführung und den Betrieb von ITIL vorgeschlagen, ohne den agil agierenden Teams unmittelbare Handlungsdirektiven vorzugeben.
Die Praxisempfehlungen, wie sie als Best Practices thematisiert und in der Ausbildung „ITIL Practitioner” konkretisiert wurden, bleiben erhalten. Sie finden sich als Grundlage in allen ITIL-4-Publikationen wieder. Darüber hinaus werden Leitplanken für die Einführung und den Betrieb von ITIL vorgeschlagen, ohne den agil agierenden Teams unmittelbare Handlungsdirektiven vorzugeben.
3 Was hat sich geändert?
Kernpublikationen
Die neuen ITIL-4-Kernpublikationen sind:
Die neuen ITIL-4-Kernpublikationen sind:
• | ITIL 4 Foundation |
• | ITIL 4 High Velocity IT |
• | ITIL 4 Create, Deliver and Support |
• | ITIL 4 Drive Stakeholder Value |
• | ITIL 4 Direct, Plan and Improve |
Praktiken
Die augenfälligste Änderung ist, dass die 26 Prozesse der ITIL-Edition 2011 durch 34 Praktiken ersetzt wurden. Praktiken sind „zusammengehörige organisatorische Ressourcen zur Erfüllung definierter Aufgaben oder zur Erreichung definierter Zielsetzungen”. Praktiken bestehen nicht nur aus Prozessen und Prozeduren, sondern umfassen zusätzlich auch Menschen, Fertigkeiten, Partner und Lieferanten, Informationen, Werkzeuge und weitere Aspekte.
Die augenfälligste Änderung ist, dass die 26 Prozesse der ITIL-Edition 2011 durch 34 Praktiken ersetzt wurden. Praktiken sind „zusammengehörige organisatorische Ressourcen zur Erfüllung definierter Aufgaben oder zur Erreichung definierter Zielsetzungen”. Praktiken bestehen nicht nur aus Prozessen und Prozeduren, sondern umfassen zusätzlich auch Menschen, Fertigkeiten, Partner und Lieferanten, Informationen, Werkzeuge und weitere Aspekte.
Die 34 Praktiken sind in drei Kategorien unterteilt und nachstehend zusammengestellt.
3.1 Allgemeine Managementpraktiken
Zu den allgemeinen Managementpraktiken („General management practices”) in ITIL 4 gehören:
• | Strategy management, |
• | Portfolio management, |
• | Architecture management, |
• | Service financial management, |
• | Workforce and talent management, |
• | Continual improvement, |
• | Measurement and reporting, |
• | Risk management, |
• | Information security management, |
• | Knowledge management, |
• | Organizational change management, |
• | Project management, |
• | Relationship management, |
• | Supplier management. |
3.2 Servicemanagementpraktiken
Die Servicemanagementpraktiken („Service management practices”) umfassen:
• | Business analysis, |
• | Service catalogue management, |
• | Service design, |
• | Service level management, |
• | Availability management, |
• | Capacity and performance management, |
• | Service continuity management, |
• | Monitoring and event management, |
• | Service desk, |
• | Incident management, |
• | Service request management, |
• | Problem management, |
• | Release management, |
• | Change enablement, |
• | Service validation and testing, |
• | Service configuration management, |
• | IT asset management. |
3.3 Technische Managementpraktiken
Die technischen Managementpraktiken („Technical management practices”) sind:
• | Deployment management, |
• | Infrastructure and platform management, |
• | Software development and management. |
Auch wenn in der neuen ITIL-Edition keine Prozesse mehr vorgegeben sind, werden die Organisationen dazu angehalten, maßgeschneiderte Prozesse als Kernelement ihrer Betriebsmodelle entsprechend ihren Bedürfnissen zu definieren.
Vier-Dimensionen-Modell
Es werden vier Dimensionen eingeführt, die eine ganzheitliche Betrachtung des Servicemanagements unterstützen. Diese umfassen:
Es werden vier Dimensionen eingeführt, die eine ganzheitliche Betrachtung des Servicemanagements unterstützen. Diese umfassen:
• | Organisationen und Personen („Organizations and people”) |
• | Informationen und Technologien („Information and technology”) |
• | Partner und Lieferanten („Partners and suppliers”) |
• | Wertströme und Prozesse („Value streams and processes”). |
Die Dimensionen werden auf das Servicemanagement als Ganzes, auf das Service-Wertesystem („Service Value System”), aber auch auf einzelne Services angewandt.
Service-Wertesystem
Das in der Literatur bisher thematisierte Servicemanagementsystem wird in ITIL 4 durch ein Service-Wertesystem ersetzt. Damit wird die Bedeutung von Wertschöpfung unterstrichen.
Das in der Literatur bisher thematisierte Servicemanagementsystem wird in ITIL 4 durch ein Service-Wertesystem ersetzt. Damit wird die Bedeutung von Wertschöpfung unterstrichen.
Das Service-Wertesystem beschreibt das Zusammenspiel aller im Servicemanagement an der Wertschöpfung beteiligten Vermögenswerte, die über folgende Aspekte gesteuert werden:
• | Leitprinzipien („Guiding principles”) |
• | Steuerung („Governance”) |
• | Service-Wertschöpfungskette („Service value chain”) |
• | Kontinuierliche Verbesserung („Continual improvement”) |
• | Praktiken („Practices”) |
Das Service-Wertesystem stellt ein Modell für Entwicklung, Auslieferung, Betrieb und kontinuierliche Verbesserung von Services dar.
Service-Lebenszyklus
In ITIL 4 wird der Service Lifecycle so gut wie nicht mehr erwähnt. Trotzdem bleibt die kontinuierliche Verbesserung ein Kernelement des Service-Wertesystems, und die Service-Wertschöpfungskette („Service Value Chain”) mit ihren sechs Aktivitäten (Plan, Improve, Engage, Design and Transition, Obtain/Build, Deliver and Support) entspricht der bekannten Lebenszyklussicht.
In ITIL 4 wird der Service Lifecycle so gut wie nicht mehr erwähnt. Trotzdem bleibt die kontinuierliche Verbesserung ein Kernelement des Service-Wertesystems, und die Service-Wertschöpfungskette („Service Value Chain”) mit ihren sechs Aktivitäten (Plan, Improve, Engage, Design and Transition, Obtain/Build, Deliver and Support) entspricht der bekannten Lebenszyklussicht.
ITIL 4 und andere Standards
ITIL existiert seit nunmehr über 30 Jahren. In dieser Zeit wurde der Standard kontinuierlich weiterentwickelt. Man war nie bemüht, eine Vormachtstellung gegenüber anderen Managementansätzen zu erreichen. Der interessierte Blick über den Tellerrand und der aufgeklärte Umgang mit anderen Standards sind auch heute noch ein Wesensmerkmal von ITIL und mögen eine Erklärung für seinen langjährigen Erfolg sein. So wurden Anfang der Jahrtausendwende die Konzepte der Sicherheitsnorm ISO 27000 übernommen, und in jeder neuen Version erfolgt eine Anpassung an die Weiterentwicklungen der IT-Servicemanagement-Norm ISO 20000.
ITIL existiert seit nunmehr über 30 Jahren. In dieser Zeit wurde der Standard kontinuierlich weiterentwickelt. Man war nie bemüht, eine Vormachtstellung gegenüber anderen Managementansätzen zu erreichen. Der interessierte Blick über den Tellerrand und der aufgeklärte Umgang mit anderen Standards sind auch heute noch ein Wesensmerkmal von ITIL und mögen eine Erklärung für seinen langjährigen Erfolg sein. So wurden Anfang der Jahrtausendwende die Konzepte der Sicherheitsnorm ISO 27000 übernommen, und in jeder neuen Version erfolgt eine Anpassung an die Weiterentwicklungen der IT-Servicemanagement-Norm ISO 20000.
So verwundert es auch nicht, dass das Supplier Management um die Empfehlungen zu Multi-Sourcing- und Serviceintegration aus der SIAM-Norm ergänzt wurde. Auch die Notwendigkeit, starre Hierarchien in der Prozesssteuerung aufzubrechen, wird durch die Verwendung des Gedankenguts von DevOps, Agile, Scrum und nicht zuletzt des relativ neuen Managementansatzes VeriSM umgesetzt. Neben den klassischen prozessualen und aufbauorganisatorischen Empfehlungen wurden nun auch „weiche” Themen wie Stakeholder-Management und organisatorisches Änderungsmanagement intensiviert. Mit dem Service Value System wird ein übergreifendes Managementsystem eingeführt, wie es alle ISO-Normen verlangen.
4 Das Ausbildungs- und Zertifizierungsschema?
AusbildungspfadeAbb. 1: Das Ausbildungs- und Zertifizierungsschema von ITIL 4
Ausbildungspfade
Mit ITIL 4 wird ein vollständig neues Ausbildungs- und Zertifizierungsschema eingeführt (vgl. Abbildung 1).
Mit ITIL 4 wird ein vollständig neues Ausbildungs- und Zertifizierungsschema eingeführt (vgl. Abbildung 1).
1. | Die Grundlagenausbildung ITIL 4 Foundation bildet den Einstieg in das Thema, in dem die zentralen Konzepte und Begriffe sowie die grundsätzliche Positionierung des Managementstandards geklärt werden. | ||||||||||||||||
2. | Die bestandene zugehörige Zertifizierungsprüfung ist Voraussetzung für den Besuch der weiterführenden Ausbildungsformate. Dazu stehen zwei unterschiedliche Ausbildungspfade zur Verfügung, die jeweils aus mehreren Einheiten bestehen:
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3. | Das Zertifikat „ITIL Master” dokumentiert den höchsten Expertengrad, der erreicht werden kann. Für diese Auszeichnung gibt es kein Kursangebot. Die Aufgabe besteht in der Anfertigung einer Dokumentation, in der erfolgreich durchgeführte Projekte in verschiedenen ITIL-Disziplinen nachgewiesen werden müssen. In einer mündlichen Anhörung vor ITIL-Experten ist die Arbeit zu verteidigen. |
Migration von ITIL v3
ITIL-Zertifikate haben kein Verfallsdatum. Deshalb bleiben alle Zertifikate aus früheren Versionen gültig.
ITIL-Zertifikate haben kein Verfallsdatum. Deshalb bleiben alle Zertifikate aus früheren Versionen gültig.
Aufgrund der grundlegenden Änderungen wird den Inhabern von Foundation-Zertifikaten früherer ITIL-Editionen empfohlen, das neue Examen ITIL 4 Foundation abzulegen. Dies ist zugleich auch der Einstieg in einen der beiden neuen Ausbildungspfade.
Für ITIL Experts gibt es den Brückenkurs „Managing Professional Transition”, der einen schlanken Wechsel zum Status „ITIL 4 Management Professional” ermöglicht.
Kandidaten, die 17 Credits erreicht haben, also alle ITIL-Ausbildungen bis auf den Kurs „Managing across the Lifecycle” absolviert haben, können direkt in „ITIL Management Professional” einsteigen.
Wer bereits weiterführende Fortbildungen in ITIL v3 absolviert hat, kann diese bis zur Erreichung von 17 Credits vervollständigen und im Anschluss mit „ITIL 4 Management Professional” abschließen.