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3 Die Herausforderung

Am Montagmorgen begegnete Frank Bereichsleiter Michael, der ihn sofort beiseite nahm:
„Frank, wie Sie vielleicht wissen, werde ich nächsten Monat nach Indien reisen, um unser großes IT-Entwicklungsprojekt zu verhandeln. Unsere Ziele sind klar, aber ich habe keine Vorstellung, was mich dort persönlich erwartet. Ich bin besorgt, weil ich hörte, dass die Dinge dort ganz anders als bei uns laufen. Ich bin weniger besorgt um Technologiefragen oder Fragen der Methodologie; die haben wir im Griff. Was mich umtreibt, sind die potenziellen weichen kulturellen Fragen. Ich möchte Missverständnisse und Reibungsverluste von vornherein vermeiden. Ich hörte, dass die indischen Kollegen vollkommen anders hartverdrahtet sind. Und dass sich solche weichen Faktoren in vollkommen unerwarteter Weise zeigen. Ob Sie mir bitte eine Zusammenfassung über diese kulturellen Unterschiede anfertigen können?”
Die Konfusion des Einstiegs
Frank setzte sich ratlos in sein Büro und fragte sich, wie er diese Aufgabe angehen sollte. Er war Entwicklungsingenieur und hatte wenig Erfahrung mit weichen Faktoren. Er googelte und war erschlagen von der Vielzahl an Hits: Wo genau sollte er aufsetzen? Er beschloss, die Universitätsbücherei aufzusuchen. Er würde zunächst mehr Orientierung benötigen als die spezifischen Artikel im Internet liefern konnten. Mithilfe des Bibliothekars fand er schnellen Einstieg und wählte einen kulturellen Führer aus: „Doing Business in More Than 60 Countries", ein vielversprechender Start. Über Indien las er Hinweise wie „Sie müssen an die Spitze des Unternehmens für Entscheidungen herantreten” und „Inder haben ein entschleunigtes Zeitverständnis” sowie „Business in Indien ist sehr beziehungs- und personenorientiert”.
Das klang plausibel, aber anschließend tat er das, was viele täten: Er las das Kapitel über Deutschland und war ernüchtert: Alle Aussagen waren irgendwie wahr, aber nicht wirklich aktuell und sie wirkten oberflächlich und simplifizierend. Er würde viel tiefer graben müssen.
Er kehrte in das Büro zurück und rief Kai an, einen Kollegen, der einige Jahre in Indien verbracht hatte. Kai war voller Anekdoten, die er gern aus sich heraussprudeln ließ:
Anekdoten
Nun, Inder wackeln mit dem Kopf wenn sie „Ja” meinen. Und sie haben Probleme, ihre Bedenken klar zu äußern. Sie sind zu höflich, einfach zu sagen „das ist nicht möglich”. In der Folge weißt du nicht, wo du mit deinem Vorhaben stehst und ob du vorankommst, oder nicht. Und weiterhin: Aus deiner Wahrnehmung werden sich die Dinge irgendwie chaotisch entwickeln. Deine indischen Partner werden oft von einem Thema zum nächsten springen, und zurück. Sie werden nicht ein Thema erst zu Ende bringen, bevor sie zum nächsten gehen. Stattdessen werden sie die verschiedenen Baustellen parallel behandeln und auch immer wieder auf Punkte zurückkommen, die du eigentlich schon als erledigt betrachtet hast. All das wird deine Fähigkeit, Themenpunkte geordnet abzuarbeiten, überfordern. Nimm Kopfschmerztabletten mit. Und noch etwas: Plane viel Zeit ein. Die Dinge werden viel mehr Zeit brauchen, als du erwartest.

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